Dirk Lewandowski

Publikationen

Technologie-Trends im Bereich der WWW-Suchmaschinen

erschienen in: Information Professional 2011: 26. Online-Tagung der DGI; Frankfurt am Main 15. bis 17. Juni 2004; Proceedings, 183-195
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Zusammenfassung

Der vorliegende Text behandelt die aktuellen Entwicklungen im Bereich der WWW-Suchmaschinen. Dabei werden vier Technologie-Trends herausgearbeitet und ausführlich diskutiert. Dies sind die Desktop-Suche, die Einbindung von Informationsressourcen, die lokale Suche und die Personalisierung von Suchergebnissen.

Abstract

This article presents current developments with web search engines. Four technology trends are identified and discussed in detail: desktop search, the integration of information resources, local search and the personalisation of search results.

1. Einleitung

Die Suchmaschinen-Szene wurde in den Jahren 2003 und 2004 vor allem durch zwei große Themen auf Trab gehalten: einerseits durch die Aufkäufe und Fusionen (vgl. Lewandowski 2003a, Lewandowski 2003b), andererseits durch den Kampf der Suchmaschinen-Betreiber gegen Spam, also unerwünschte Inhalte in ihren Datenbanken.

Die Datenbanken wurden zunehmend mit werblichen, „inhaltslosen“ Seiten überflutet. Dieses grundsätzliche Problem war schon länger bekannt, neu war jedoch im Jahr 2003 der enorme Zuwachs und die Tatsache, dass nun auch die Publikumspresse darauf aufmerksam wurde (vgl. u.a. Karzaunikat 2003). Im Jahr 2003 gaben 82 Prozent der deutschen Suchmaschinen-Betreiber an, dass das Spam-Problem im Vergleich zum letzten Jahr zugenommen habe (Machill, Welp 2003, 82).

Zu den technischen Details der Spam-Bekämpfung ist wenig bekannt, da die Suchmaschinen ein berechtigtes Interesse haben, dass ihre Methoden nicht bekannt werden; deren Kenntnis könnte wiederum leicht dazu genutzt werden, um Spam zu verbreiten.

Trotz dieses großen Problems haben die Suchmaschinen-Betreiber auch im Jahr 2003 (und natürlich auch im laufenden Jahr) die Weiterentwicklung ihrer Angebote nicht vernachlässigt. Diese Technologie-Trends sollen im vorliegenden Aufsatz diskutiert werden.

Für deren Identifizierung wurden nicht nur die neuen Funktionen bei den etablierten Suchmaschinen beobachtet, sondern auch Veröffentlichungen, Patente und Patentanmeldungen ausgewertet. Weiter wurden die neu am Markt auftretende Suchmaschinen berücksichtigt und Aussagen von Experten (z.B. Beal 2004, Seuss 2004) ausgewertet. Aus dieser umfassenden Auswertung konnten vier Trends abgeleitet werden, die die Entwicklung der Suchtechnologie auf kurze bis mittlere Frist kennzeichnen:

  • Desktop-Suche: Die Internet-Suche wird nicht mehr nur über das Ansteuern einer Suchmaschine oder die Verwendung einer zuvor installierten Toolbar möglich sein.
  • Informationsressourcen: Suchmaschinen werden nicht mehr nur Web-Dokumente finden, sondern auf verschiedene Datenbestände zurückgreifen und auch auf Informationsressourcen hinweisen.
  • Lokalisierung: Neben der regulären Suche wird eine lokale Suche möglich sein.
  • Personalisierung: Suchmaschinen werden ihre Ergebnisse dem einzelnen Nutzer bzw. einer Nutzergruppe anpassen.

Im Text sollen zu den jeweiligen Technologien auch entsprechende Anwendungsfälle bei den Suchmaschinen vorgestellt werden. So wird auch ein Überblick über einige neue Funktionen bzw. deren Implementierung gegeben. Ausdrücklich nicht berücksichtigt werden allgemeine Entwicklungen im Information Retrieval, die auch dazu dienen können, die Qualität der Suchmaschinen zu verbessern.

In einem Ausblick sollen noch einmal die grundlegenden Probleme der WWW-Suchmaschinen angesprochen werden und gezeigt werden, an welcher Stelle die Suchmaschinen-Forschung und -Entwicklung im Jahr 2004 angekommen ist.

2. Desktop-Suche

Die bisherige Entwicklung der Suche im Internet lässt sich in Hinblick auf die Stellung der Suchfunktion im Arbeitsumfeld des Nutzers in vier Phasen unterteilen (vgl. Abbildung 1).

Traditionell greift der Nutzer auf eine Suchmaschine zu, indem er die betreffende Website der Suchmaschine anwählt und dort seine Suchanfrage in ein Formular, welches aus einem oder mehreren Suchfeldern besteht, einträgt. In einem zweiten Schritt wurden sog. Toolbars entwickelt, also Browser-Plugins, die eine Nutzung der jeweiligen Suchmaschine möglich machen, ohne deren Website ansteuern zu müssen. Für die Suchmaschinenbetreiber sind die Toolbars insbesondere aus Aspekten der Kundenbindung interessant. Manche Toolbars bieten aus diesem Grund auch Funktionen, die nicht zur eigentlichen Suche gehören (wie z.B. einen Pop-Up-Blocker), die aber einen weiteren Anreiz bieten, die betreffende Toolbar zu installieren. Mittlerweile bieten alle wichtigen Suchmaschinen Toolbars an, weiterhin gibt es Toolbars, die auf mehrere Suchmaschinen zugreifen können (vgl. Sullivan 2004, Notess 2004). Als Nachteile von Toolbars sind zu nennen, dass sie vom Benutzer installiert werden müssen und in der Regel nur für einzelne Browser-Typen verfügbar sind (meist nur für den Internet Explorer unter Windows).

Während Toolbars vom Benutzer installiert werden müssen, besitzen manche Browser bereits Suchfelder, die auf eine oder mehrere ausgewählte Suchmaschinen zurückgreifen. Zwar werden hier im Gegensatz zu den Toolbars nicht die vollen Funktionalitäten der Suchmaschinen geboten, dafür ist hier die Integration der Suche in das tägliche Arbeitsumfeld des Nutzers einen Schritt weiter gekommen: die Suchfunktion ist „schon da“ und braucht nicht erst installiert zu werden. Eine ähnliche Integration einer Suchfunktion findet in den neuen Versionen von Microsoft Office statt: hier werden allerdings die kostenpflichtigen Dienste von Factica, Genios, usw. abgefragt (Quint 2003).

Mit dem im Jahr 2003 angekündigten Einstieg von Microsoft in den Suchmaschinenmarkt (bzw. mit der Ankündigung, nun eine eigene Suchtechnologie für das MSN-Portal entwickeln zu wollen) begannen Spekulationen über eine von Microsoft angestrebte Integration der Suchfunktion auf dem Desktop. Nutzer hätten damit die Möglichkeit, direkt von Ihrer Benutzeroberfläche aus die Websuche zu starten, ohne extra einen Browser starten zu müssen, die Suche wäre an prominenter Stelle integriert. Google reagierte auf diese Spekulationen mit einer eigenen „Deskbar“ für das Windows-Betriebssystem. Das Pro-

Abb. 1 : Entwicklung des Zugriff auf Suchmaschinen durch den Benutzer


gramm muss wiederum vom Nutzer installiert werden und integriert ein Suchfenster ähnlich der Toolbar direkt in die Taskleiste von Windows. Die Suchergebnisse erscheinen in einem eigenen Fenster; der Start des Browsers wird erst nötig, wenn ein Ergebnis tatsächlich angezeigt werden soll.

Als letzte Stufe der Integration der Suche in das Arbeitsumfeld des Nutzer ist die tatsächliche integrierte Suche zu nennen. Nutzer suchen nicht nur nach Dokumenten, die im Web frei verfügbar sind, sondern auch nach kostenpflichtigen Inhalten, im Firmenintranet und nicht zuletzt in ihren eigenen Dokumenten, seien dies Office-Dokumente oder E-Mails. Bisher ist für jeden Inhaltstyp eine eigene Suchanfrage zu starten, dazu kommt das Problem der wenig komfortablen und funktional eingeschränkten Suche innerhalb der Betriebssysteme wie Windows oder Max OS, da diese keinen invertierten Index der Dokumente erstellen.

Seit März 2004 bietet HotBot eine Toolbar an, die nicht nur das Web durchsucht, sondern auch E-Mails und Dateien auf dem Rechner des Benutzers durchsuchen kann. Diese werden in regelmäßigen Abständen indiziert, so dass die Suche weniger zeitaufwendig ist als die in den in Windows bzw. Outlook integrierten Suchfunktionen.

Microsoft Research arbeitet an einer ähnlichen Lösung (Dumais et al. 2003), die die Suche nach allen Inhaltstypen unter einer Oberfläche integriert. Besonderer Augenmerk wird auf das Wiederfinden von Dokumenten gelegt; die Forscher gehen davon aus, dass zwischen 60 und 80 Prozent aller Besuche auf Webseiten Aufrufe solcher Seiten sind, die vom Nutzer schon einmal besucht wurden. Daher sei es von besonderer Bedeutung, diese Seiten so zu erschließen, dass es dem Nutzer möglich ist, gezielt bereits bekannte Dokumente wiederzufinden.

Es ist davon auszugehen, dass sich die Suche auf dem Desktop bzw. in dem sonstigen Arbeitsumfeld des Nutzers (z.B. auf Handhelds und Mobiltelefonen) etablieren wird. Besonders interessant ist die Möglichkeit, unterschiedliche Informationsquellen in die Suche zu integrieren. Dies könnten einerseits persönliche Informationsquellen sein (wie etwa die eigenen E-Mails) oder aber Informationsquellen, die nur für einen bestimmten Nutzerkreis zugänglich sind. Vorbild sind hier die Firmenlösungen der Suchmaschinen-Anbieter (vgl. z.B. Lervik 2004), die unter einer Oberfläche neben der Websuche weitere Quellen, die der Firma zugänglich sind, integrieren. Dies könnten u.a. Inhalte des Firmen-Intranets, abonnierte Datenbanken und News-Feeeds sein. Ähnliches lässt sich auf privater Ebene realisieren, indem dem Nutzer zugängliche Datenbanken mit der Websuche und persönlichen Dokumenten zusammen abgefragt werden.


3. Informationsressourcen

Die traditionelle Aufgabe von Suchmaschinen ist der Nachweis von Dokumenten. Hier unterscheiden sie sich auch erheblich von den Web-Katalogen bzw. Verzeichnissen. Diese weisen traditionell Informationsressourcen nach. Während also die Suchmaschinen im Idealfall das gewünschte Dokument selbst ausgeben, weisen die Verzeichnisse auf einen neuen Sucheinstieg hin.

Suchmaschinen ist es üblicherweise nicht möglich, Dokumente nachzuweisen, die in Datenbanken abgelegt sind. Dieser Bereich gehört zum sogenannten „Invisible Web“ (Sherman, Price 2001), über dessen Größe unterschiedliche Schätzungen existieren (Bergman 2001, Sherman 2001, Stock 2003). Die genannten Autoren sind sich aber einig, dass die Informationsmenge des Invisible Web die des „surface web“ deutlich übersteigt. Weiterhin ist davon auszugehen, dass die Inhalte des Invisible Web zu einem großen Teil von hoher Qualität sind (Lewandowski 2002, 560). Verzeichnisse haben hier den Vorteil, dass sie Invisible-Web-Quellen nachweisen können, indem sie auf die Einstiegsseiten dieser Quellen (also in der Regel auf die jeweilige Datenbank-Suchmaske) verweisen. Suchmaschinen können diese Einstiegsseiten zwar auch indexieren, bei der Suche gehen solche Seiten aber oft in der Menge der gefundenen Dokumente unter.

Die Suchmaschine Turbo10 bietet eine Möglichkeit, Datenbanken des Invisible Web zu erschließen (Hamilton 2003). Sie ist in der Lage, Datenbank-Suchmasken als solche zu erkennen und Anfragen automatisch an diese Datenbanken weiterzuleiten. Der Benutzer der Suchmaschine kann sich aus den bereits bekannten Datenbanken ein individuelles Portfolio zusammenstellen und seine Suchanfrage an die ausgewählten Datenbanken schicken. Wie bei einer regulären Meta-Suchmaschine werden die unterschiedlichen Ergebnisse neu gerankt und als einheitliche Liste zurückgegeben. So elegant dieser Ansatz das Problem angeht, bestehen auch hier weiterhin zwei große Probleme. Erstens ist die Auswahl auf nur zehn Quellen beschränkt. Da jede Quelle einzeln abgefragt werden muß, wären die Antwortzeiten bei einer hohen Anzahl von zu berücksichtigenden Quellen schlicht inakzeptabel. Zweitens ist es bei Turbo10 nötig, die zu durchsuchenden Quellen bereits zu kennen bzw. diese aus einer hinterlegten Liste auszuwählen. Der große Vorteil dieser Suchmaschine ist also allein in der gleichzeitigen Abfrage mehrerer bereits bekannter Quellen zu sehen. Allerdings werden auch hier die Eigenheiten und individuellen Abfragemöglichkeiten der einzelnen Datenbanken nicht berücksichtigt, so dass die schon von den Meta-Suchmaschinen bekannten Nachteile bestehen.

Einen anderen Weg als Turbo10 gehen etablierte Suchmaschinen wie Google und Yahoo. Sie bieten einerseits die Suche in unterschiedlichen Datenbeständen, die in der Regel über Registerkarten ausgewählt werden können, an. Neben dieser Möglichkeit, die Suche auf einen Datenbestand zu beschränken, finden sich in vielen Fällen auch Hinweise auf besondere Datenbestände oberhalb der regulären Trefferlisten (Sullivan 2003). Die Integration unterschiedlicher Datenbestände einer Suchmaschine ist in Tabelle 1 am Beispiel von Google dargestellt. Deutlich wird, dass die Suchmaschinen immer mehr Datenbanken zusätzlich zum Kernbestand der textuellen Web-Dokumente unterhalten, um besser auf die Bedürfnisse ihrer Nutzer eingehen zu können. Dabei ist die Integration dieser Bestände in die reguläre Suche von großer Bedeutung, da die Nutzer nur in seltenen Fällen selbst einen bestimmten Bestand für ihre Suche auswählen.

Neben der Suche in eigenen (und ggf. zugekauften) Datenbeständen setzen die Suchmaschinen bei bestimmten Anfragen mittlerweile auch auf die Anzeige von Hinweisen auf Informationsressourcen des Invisible Web. Gibt man zum Beispiel bei Google das Wort „patent“ gefolgt von einer Patentnummer ein, so erfolgt ein Hinweis auf die Datenbank des US Patent and Trademark Office (siehe Abbildung 2). Dabei wird allerdings nicht überprüft, ob unter der eingegebenen Nummer tatsächlich ein Patent vorliegt. Der Hinweis erfolgt bei jeder eingegebenen Nummer, eine Meldung, dass unter dieser Nummer kein Patent existiert, kommt erst nach dem Anklicken des Links direkt aus der Patent-Datenbank.

Google nutzt diese Funktion, um Suchanfragen, die Zahlen enthalten, besser beantworten zu können. Im Fall der Patentanfrage ist auch die Eingabe des fokussierenden Suchbegriffs „patent“ nötig, in anderen Fällen wie beispielsweise bei Telefonvorwahlen reicht die Eingabe der Zahl allein. Neben den genannten Beispielen können auch Paketnummern unterschiedlicher Anbieter, Barcode-Nummern und Flugnummern eingegeben werden.

Ähnliche Möglichkeiten bietet Yahoo.com, wo die fokussierenden Suchbegriffe bereits seit längerem eingesetzt werden. Aufgrund vieler eigener bzw. zugekaufter Daten kann Yahoo hier aus dem eigenen Angebot schöpfen. So werden bei der Eingabe von „Wetter“ und dem Namen einer Stadt oberhalb der regulären Trefferliste die konkreten Wetterinformationen angezeigt (siehe Abbildung 3). Dabei werden die Daten in diesem Fall direkt eingebunden, in anderen Fällen erfolgt ein Verweis wie im oben genannten Google-Beispiel.

Abb. 2 : Hinweis auf die US-Patentdatenbank bei Google

Abb. 3 : Integration von Wetterinformationen in die Ergebnisdarstellung

Im März 2004 kündigte Yahoo an, nun auch Inhalte des Invisible Web direkt integrieren zu wollen (Quint 2004). Neben einem kostenpflichtigen Programm, mit dem kommerzielle Anbieter ihre Datenbank-Inhalte erschließen lassen können, gibt es ein solches auch für Non-Profit-Organisationen. Bisherige Partner, deren Datenbank-Inhalte in die Yahoo-Suche eingebunden sind, sind unter anderem die Library of Congress, Wikipedia und das Projekt Gutenberg.

Die großen Suchmaschinen-Anbieter fügen ihrem Kernbestand an Web-Dokumenten zunehmend weitere Datenbestände hinzu. Dies ist keine neue Entwicklung, die Datenbestände sind allerdings zunehmend spezialisiert. Teilweise bieten Suchmaschinen originäre (meist zugekaufte) Inhalte, die über andere Suchmaschinen nicht verfügbar sind.

Neben diese in das eigene Angebot integrierten Datenbeständen verweisen Suchmaschinen zunehmend auch auf weitere relevante Quellen. Dadurch gehen sie den Schritt vom reinen Nachweis von Dokumenten hin zu einem integrierten Nachweis von Dokumenten und Informationsressourcen. Dies stellt eine Möglichkeit dar, die Inhalte des Invisible Web zumindest teilweise zu erschließen. Für die Zukunft ist die Integration solcher Quellen in hohem Maße zu erwarten. Ähnlich wie bei den Internet-Verzeichnissen findet hier zudem eine Qualitätskontrolle statt, so dass nur tatsächlich wertvolle Quellen hinzugefügt und prominent platziert werden.

4. Lokalisierung

Nutzer, die sich für den Kauf eines Produkt oder eine Dienstleistung interessieren, möchten oft Anbieter in ihrer Nähe finden. Solche Suchanfragen können die Suchmaschinen nur schlecht bedienen; werden zur Suchanfrage ergänzende Ortsangeben mit eingegeben, führt dies oft nicht zu den gewünschten Ergebnissen. Selbst wenn relevante Ergebnisse gefunden werden, ist deren Vollständigkeit nicht garantiert. Im Gegensatz dazu kann sich der Nutzer bei einem Blick in die örtlichen Gelben Seiten bzw. in deren Online-Pendant in der Regel darauf verlassen, eine vollständige Auflistung der am Ort tätigen Unternehmen einer Branche zu bekommen.

Nachdem erste Versuche der lokalen Suche die Informationen der Branchenbücher noch außer acht ließen, dürfte inzwischen klar sein, dass eine lokale Suchmaschine um diese Informationen nicht herum kommt. Bisher wird die lokale Suche von Google (local.google.com) und in einer anderen Form von Yahoo (maps.yahoo.com) angeboten. Alle wichtigen Anbieter von Suchmaschinen-Technologie haben jedoch angekündigt, an entsprechenden Lösungen zu arbeiten und diese noch im Lauf des Jahres 2004 präsentieren zu wollen.

Lokale Lösungen arbeiten im Gegensatz zu den regulären Suchinterfaces mit zwei Suchschlitzen; in den einen werden die Suchwörter, in den anderen wird die Ortsangabe eingetragen. Bei der Ergebnispräsentation dürfte sich folgendes als Standard herausbilden: Als Primärergebnisse werden Einträge aus einem Branchenbuch angezeigt; dabei handelt es sich um von der jeweiligen Suchmaschine zugekaufte Daten, da keine der Suchmaschinen über einen eigenen Index entsprechender Daten verfügt. Diese Informationen werden jedoch mit Informationen aus dem Web-Index der jeweiligen Suchmaschine angereichert. Dies kann ein Hinweis auf die offizielle Seite des jeweiligen Unternehmens sein, aber auch weiterführende Angaben wie beispielsweise Urteile über das Unternehmen aus Kundensicht. Weiterhin wird zu den Suchergebnissen der Ausschnitt einer Karte des entsprechenden Orts angezeigt, auf der das Unternehmen eingezeichnet ist.

Die Eingabe des gewünschten Orts in der lokalen Suche dürfte in der Zukunft entfallen bzw. optional werden. Diese Information kann nach einmaliger Eingabe leicht gespeichert und bei zukünftigen Suchanfragen automatisch ausgewertet werden. Besonders interessant wird eine lokale Suche natürlich dann, wenn die Suche über mobile Endgeräte erfolgt. Hier fallen sowieso Positionsdaten des Nutzers an, die für die Suche weiterverwendet werden können. Unterwegs ließe sich also abfragen, wo sich das nächste Hotel oder das nächste libanesische Restaurant befindet. Solche Services können nicht allein von Suchmaschinen angeboten werden, diese versuchen allerdings jetzt schon, den Markt entsprechend zu besetzen. Grund hierfür dürfte vor allem das erwartete hohe Volumen für lokale Textanzeigen sein. Ähnlich wie bereits bei der regulären Suche ist auch bei der lokalen Suche der Einsatz solcher Anzeigen zu erwarten. Bisher lohnt sich dieser für Unternehmen mit einem nur lokalen Kundenkreis allerdings kaum.

Ansätze der lokalen Suche dürften in nächster Zeit weiter ausgebaut und verbessert werden. Alle lokalen Dienste sind bisher nur für Orte in den USA verfügbar; mit einer Erweiterung auf andere Regionen ist nach der weiteren Verbesserung dieser Dienste zu rechnen.

Personalisierung / Social Networks

Schon bei der lokalen Suche kann man von einer gewissen Form der Personalisierung sprechen, vor allem, wenn die Ortsangaben des Nutzers gespeichert werden. Ähnlich verhält es sich auch bei der Erkennung des Nutzers durch seine IP-Adresse. Hier werden die Suchergebnisse zwar nicht auf den einzelnen Nutzer zugeschnitten, eine Art Personalisierung der Suchergebnisse findet aber durch die Ausgabe der Suchergebnisse beispielsweise in ausgewählten Sprachen statt (eingesetzt u.a. bei All the Web).

Alle Anbieter von Suchmaschinen-Technologie setzen auf Verfahren der Personalisierung. Es wird erwartet, dass dadurch die Qualität der Suchergebnisse gesteigert werden kann und unpassende Ergebnisse herausgefiltert werden können (vgl. u.a. US 6.539.377 B1). Als Argument wird oft angeführt, dass sich aus dem bisherigen Nutzerverhalten bei einer uneindeutigen Suchanfrage die gewünschte Bedeutung herausfinden ließe. So würde ein Nutzer, der in der Vergangenheit viele Suchanfragen aus dem Automobilbereich ausgeführt hat, bei einer Suche nach „Jaguar“ bevorzugt Informationen zur Automarke erhalten. Diese Unterscheidung verdeckt jedoch in erster Linie, dass bis heute keine Suchmaschine eine zuverlässige Homonymkontrolle einsetzt.

Wird eine Personalisierungsfunktion implementiert, so kann diese auf verschiedener Datenbasis aufbauen: auf den Daten einer Gruppe von Nutzern oder auf den Nutzerdaten bzw. den Präferenzen eines Einzelnen.

Werden die Daten einer Gruppe ausgewertet, so werden von einem Nutzer aus den Trefferlisten ausgewählte Seiten als Empfehlung dieser Seiten an die anderen Nutzer gewertet. Dabei wird davon ausgegangen, dass innerhalb der Nutzergruppe die Interessenlage nicht allzu heterogen ist. Führt ein Nutzer eine Suche durch, so werden Seiten, die von anderen Mitgliedern seiner Gruppe positiv bewertet wurden (bzw. überhaupt aus der Trefferliste ausgewählt wurden), bevorzugt angezeigt und entsprechend markiert. Allerdings ergibt sich bei einer großen Gruppe bzw. bei einer Gruppe mit heterogenen Interessen das Problem, dass die Suchmaschine hier die Anfragen nicht mehr nach dem jeweiligen Interesse unterscheiden kann. Eine eingeschränkte Lösung für dieses Problem bietet die Suchmaschine Eurekster: hier kann die Suche auf bestimmte „Search Groups“, die jeweils einem Interessensgebiet zugeordnet sind, eingeschränkt werden. Die Daten, die für die Personalisierung erhoben werden müssen, können im Fall der gruppenbezogenen Auswertung anonym gespeichert werden.

Bei der Auswertung der Nutzerdaten eines Einzelnen kann auf die gleiche Weise verfahren werden, jedoch ist insbesondere bei Portalanbietern wie Yahoo davon auszugehen, dass diese die Nutzerdaten auch für Marketingzwecke speichern möchten. Portale verfügen bereits über eine große Anzahl von Nutzern, von denen sie, da diese sich in der Regel in das Angebot einloggen, eine große Menge an Daten personenbezogen erheben. Hier ist jedoch der Nachteil dieser Form der Personalisierung zu sehen. Die Nutzer müssen dem Angebot vertrauen, um es zu nutzen.

Bisher realisierte Angebote wie Eurekster (www.eurekster.com) und Google Personalized (labs.google.com/personalized) verfolgen unterschiedliche Ansätze. Google setzt auf Voreinstellungen des Nutzers, der seine Interessen in einem persönlichen Profil festlegt, welches in einem Cookie gespeichert wird. Die Interessen können aus einem Kategorienschema ausgewählt werden, welches allerdings sehr allgemein gehalten ist. Google ordnet gefundenen Webseiten den Kategorien zu und bewertet die Übereinstimmungen in der Suchanfrage. In der Trefferlistenanzeige kann eingestellt werden, wie stark die Ergebnisse dem persönlichen Profil angepasst werden sollen. Probleme bestehen allerdings, wenn der Nutzer mehrere Interessen in seinem Profil ausgewählt hat. In diesem Fall kommt es oft zu Ergebnissen, die keine Verbesserung gegenüber den regulären Web-Ergebnissen darstellen.

Eurekster verfolgt den gruppenbasierten Ansatz und arbeitet relativ zuverlässig. Die aktuellen Forschungen im Bereich der „social networks“ (vgl. u.a. Huberman 2001) und deren Anwendung im Bereich der Community-Sites lassen diesen Ansatz als den auch für die Suche geeigneteren erscheinen. Ein weiterer Indikator für die Zukunft dieses Ansatzes ist das Interesse der Suchmaschinenbetreiber an entsprechender Technologie. So betreibt etwa Google das Angebot Orkut, welches eine Social-Network-Community bietet und laut Aussagen von Google-Vertretern in nächster Zeit in das Stamm-Angebot integriert werden soll.

Eine abschließende Bewertung der Personalisierungsansätze und –angebote ist zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht möglich, da schlicht die Erfahrung mit solchen Systemen fehlt. Ein Problem ist auf jeden Fall darin zu sehen, dass die Suchergebnisse durch die Personalisierung nicht mehr vergleichbar sind und auch soziale Netzwerke durch Spam überflutet werden können. Diese Ansätze sorgen also für einen zunehmenden Verlust an Transparenz. Schon heute wird allerdings oft die mangelnde Transparenz der Suchmaschinen beklagt (vgl. Machill, Welp 2003).

Ausblick

Die aufgezeigten Trends können dabei helfen, dem Nutzer die Suche zu erleichtern. Allein durch diese Anstrengungen wird sich die Qualität der Suchmaschinen auf Dauer jedoch nicht wesentlich verbessern lassen. Grundsätzliche Probleme wie die Abdeckung des Web, die Art der Dokumentrepräsentation und die eingeschränkten Suchmöglichkeiten (Chu 2003) bleiben bestehen. Anspruchsvolle linguistische Ansätze wie Informationsextraktion, die Verarbeitung natürlicher Sprache und die Beantwortung von Fragen (Chakrabarti 2003) stecken noch in den Kinderschuhen.

Bei den Suchmöglichkeiten (vgl. Lewandowski 2004) sind zwar teils Fortschritte festzustellen, auf der anderen Seite aber auch (wie bei den im März 2004 erfolgten Umstellungen bei All the Web) erhebliche Rückschritte. Von den Ansprüchen professioneller Retrievalsysteme sind die Suchmaschinen immer noch weit entfernt.

Eine Entwicklung, die sich seit Bestehen der WWW-Suchmaschinen fortsetzt, ist die hin zu immer größeren Indizes. Zur Zeit ist Google hier mit etwa vier Milliarden Dokumenten führend, allerdings ist zu erwarten, dass andere Anbieter (insbesondere Yahoo) hier nachziehen werden. David Seuss, Gründer und CEO von Northernlight, äußert sich allerdings kritisch über die Entwicklung der Indexgrößen: „The effort to compete on database size is a tremendous waste of intellectual, financial, and human capital” (Seuss 2004). Neue Anbieter am Markt starten zunehmend als Meta-Suchmaschinen, damit sie keinen eigenen Index unterhalten müssen. Weiterhin ist zu fragen, welche Größe der Index einer WWW-Suchmaschine haben sollte, um gute Ergebnisse liefern zu können.

Bei der Dokumentrepräsentation scheint es nur wenige Fortschritte zu geben. Die zu den jeweiligen Dokumenten erfassten Informationen unterscheiden sich bei den Suchmaschinen nicht wesentlich. Zwar wurden Forschungen in diesem Bereich angeregt (Henzinger, Motwani, Silverstein 2002), genießen jedoch offensichtlich keine Priorität in den Entwicklungsabteilungen der Suchmaschinen-Anbieter.

Der Befund über den technologischen Stand der Suchmaschinen im Jahr 2004 ähnelt dem der vergangenen Jahre: Die Entwicklung steht erst am Anfang und für die Zukunft sind große Fortschritte zu erwarten. Dies lässt sich natürlich auch weniger positiv fassen; mit den Worten von David Seuss: „Ten Years Into the Web, and the Search Problem is Nowhere Near Solved.“ (Seuss 2004)

7. Literatur

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So zum Beispiel Opera (www.opera.com) und Safari (http://www.apple.com/safari/). Opera bietet die Suche in unterschiedlichen Suchmaschinen und E-Commerce-Marktplätzen; Safari enthält ein Suchfenster für Google.

Die HotBot-Toolbar funktioniert allerdings nur unter Windows mit Internet Explorer und Microsoft Outlook oder Outlook Express.

Diese Funktion ist bisher nur in der US-Version von Google verfügbar. Auch alle weiteren Beispiele beziehen sich auf Google.com und sind mit Google.de zur Zeit nicht reproduzierbar.

Beispiele hierfür sind der Zugriff auf die Corbis-Bilddatenbank unter AltaVista, der Zugriff auf Nachrichten von Nachrichtenagenturen über Yahoo und der Zugriff auf die Inhalte von mehr als 700 Print-Publikationen über den „Find Articles“-Dienst von Looksmart.